Neue Forschungserkenntnisse zur Geschichte des Bregenzerwalds
10. August 2024
Projekt
Wie haben die Menschen im Bregenzerwald früher gelebt und wie hängt das mit der Arbeit der Barockbaumeister zusammen? Das derzeit laufende LEADER-Projekt „Barockbaumeister Forschung“ hat hierzu neue Erkenntnisse erarbeitet.
Insbesondere aus den Bregenzerwälder Gemeinden Au und Schoppernau kamen im 18. Jahrhundert die sogenannten „Barockbaumeister“: Handwerker, die in ganz Europa eindrückliche Gebäude wie Kirchen, Klöster und Stifte errichteten. Um ihr Wirken und die Gesellschaft, in der sie lebten, besser zu verstehen, läuft seit 2022 ein LEADER-Projekt. Der Historiker Patrick Plaschg hat sich in den letzten Monaten intensiv mit sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Fragen rund um die Barockbaumeister beschäftigt. Nun liegen erste Erkenntnisse vor.
Personenverzeichnisse geben Einblick frühere Zeiten
Für die neuen Forschungen erfasste und untersuchte Plaschg erstmals die Geburts-, Ehe- und Sterberegister der Gemeinden Au und Schoppernau zwischen 1710 und 1770. Diese Register sind meist von lokalen Pfarrern erstellt und aufbewahrt worden und geben einen detaillierten Einblick in einzelne Biografien von allen Menschen der Region. Die Ergebnisse der Datenanalyse machen die soziale Zusammensetzung der Region und eine etwaige erfassbare Migration der sogenannten Barockbaumeister und ihrer Gesellen beziehungsweise Lehrlinge besser begreifbar. Da die Baumeister für ihre Arbeit für einen Teil des Jahres unterwegs waren, kommen Geburten, Eheschließungen und Todesfälle in bestimmten Monaten gehäuft vor.
Beispielsweise geht aus den Eheregistern der Gemeinde Au bereits für den Beginn des gewählten Aufzeichnungszeitraumes hervor, dass nur zwischen Jänner und Mai bzw. September und Dezember Ehen geschlossen worden sind. Auch in den weiteren Jahren des 18. Jahrhunderts ist eine eindeutige Tendenz zu Hochzeitsterminen im Winter und Frühjahr festzustellen. Die an diesen Eheschließungen am stärksten vertretenen Namen waren Moosbrugger, Natter, Beer und Thumb: Die für die Region gängigsten und berühmtesten Namen.
Ab der Mitte der 1750er Jahre sind auch Hochzeiten im August erfassbar. Namen, wie Rüscher, Moosbrugger, Natter, Koler, Willam und Beer dominieren auch hier die Statistiken und vervollständigen damit das oben bereits vorgezeichnete Bild zur gesellschaftlichen Struktur. Die Eheregister aus Schoppernau zeigen sehr ähnliche Trends. Auch wenn für andere Orte des süddeutschen Raumes ähnliche Tendenzen erkennbar sind, so verdeutlichen diese Entwicklungen dennoch, dass die Region des Hinteren Bregenzerwaldes nicht unerheblich von den Aktivitäten der Barockbaumeisterzunft beeinflusst worden ist.
Geburten und Todesfälle in der Gemeinde Au sind weitgehend im Sommer zu finden. Die Kinder wurden demnach überwiegend im Herbst und Winter gezeugt – ebenfalls ein Beleg dafür, dass Männer, die als Barockbaumeister gearbeitet haben, zumindest in einigen Teilen und in einigen Zeitabschnitten des 18. Jahrhunderts über den Sommer abwesend waren.
Die Ergebnisse dieser Forschungen sollen in den folgenden Monaten in den großen Rahmen der Barockbaumeisterforschung eingefügt werden und in einer wissenschaftlichen Publikation münden, die sich dem weiten Spektrum der sozialen Zusammensetzung der Zunft widmen wird und für zukünftige Forscher:innengenerationen eine geeignete weiterführende Forschungsbasis bilden soll.
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