SchauRaum Verwall

Der Naturraum des Verwall und die Europaschutzgebiete im Montafon - ein Schauraum für Partenen

Projektdauer: 22.07.2022 - 30.06.2024

Projektträger

Gemeinde Gaschurn

Dorfstraße 2

6793 Gaschurn

Kurzbeschreibung

Das Europaschutzgebiet „Verwall“ ist mit knapp 121 Quadratkilometern das größte Schutzgebiet in Vorarlberg. Es erstreckt sich von Langen am Arlberg über das gesamte hintere Silbertal entlang der Landesgrenze bis nach Partenen und umfasst zusammen mit sechs weiteren, direkt angrenzenden Europaschutzgebieten einen Großteil des Vorarlberger Anteils an der Verwall-Gebirgsgruppe. Trotz der hohen Ansprüche der geschützten Tier- und Pflanzenarten an einen wenig erschlossenen, naturnahen Gebirgslebensraum stand der Naturraum Verwall seit jeher auch unter dem Einfluss des Menschen, der die unterschiedlichen Lebensräume bewirtschaftet und mitgestaltet hat. Gleichzeitig erfährt die Gebirgsregion mit der touristischen Erschließung und Vermarktung sowie dem zunehmenden Interesse der heimischen Bevölkerung an Sportaktivitäten und Erholung abseits der Ballungszentren einen noch nie dagewesenen Zulauf an Besucher*innen. Die Wahl des Wiegensees 2021 zum schönsten Platz Österreichs in der ORF-Sendung „9 Plätze 9 Schätze“ steigert das Interesse weiter. An erster Stelle sind die Schutzgebiete aber Teil der Montafoner Gemeinden und somit auch ein Teil der unmittelbaren Umwelt der einheimischen Bevölkerung, die sich in den Gebieten gerne aufhält und/oder diese bewirtschaftet.  Eine entsprechende Identifikation der einheimischen Bevölkerung mit den Gebieten und eine Sensibilisierung hinsichtlich der Schutzwürdigkeit unserer Natur- und Kulturlandschaft sind dabei die Voraussetzung für den Erhalt dieser bemerkenswerten Gebirgslandschaft. Die vielfältigen und teils gegenläufigen Ansprüche an das Gebiet – vom Wirtschafts- und Naherholungsraum bis zum störungsfreien Rückzugsraum für Wildtiere – begründen das allgemeine Bedürfnis, die Besonderheiten dieser Natur- und Kulturlandschaft, das Jahrtausende lange Zusammenwirken von Mensch und Natur und die Bedeutung des Gebirgslebensraumes für das europaweite Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.

Im ehemaligen Tourismusbüro im Ortskern von Partenen soll ein multifunktionaler, naturkundlicher Schauraum als zentraler Ausgangspunkt für Einheimische und Gäste für Erkundungstouren in die Europaschutzgebiete im Verwall fungieren. Das Aufzeigen von allgemeinen Zusammenhängen in der Natur stärkt dabei das Bewusstsein und schafft Verständnis für die Notwendigkeit von Schutz- und Lenkungsmaßnahmen und die Bedeutung und Herausforderungen einer traditionellen Bewirtschaftung im Gebiet. Die Möglichkeit der Nutzung der Räumlichkeiten für Veranstaltungen verschiedenster Art wie Schulführungen und Vorträge sowie die gestalterische und inhaltliche Einbeziehung angrenzender Räumlichkeiten (Senior*innenraum, WC …) schaffen darüber hinaus neue Impulse für die Belebung des Dorfs.

Ausgangslage

Mit Beitritt zur Europäischen Union wurden in allen Bundesländern Österreichs die naturschutzfachlich geeignetsten Gebiete als Natura 2000- bzw. Europaschutzgebiete nominiert. Dieser aufwändige Ausweisungsprozess führte in manchen Regionen - darunter auch im Montafon - zu hitzigen Diskussionen, fürchtete man doch den Verlust des eigenen Mitspracherechts zur zukünftigen Entwicklung der betroffenen Gebiete. Die tiefsitzenden Vorbehalte mündeten in einem zweijährigen Mediationsverfahren, das bestehende Bedenken und Konflikte mehrheitlich aufzulösen vermochte. Das Ergebnis waren eine Gebietsverordnung, ein vor Ort ansässiges Schutzgebietsmanagement und Maßnahmen zur Besucherlenkung und -information, die zur Erreichung der Schutzziele unter Wahrung der Nutzungsinteressen einen wichtigen Beitrag lieferten.

Seither wurde es ruhig um die Europaschutzgebiete im Verwall – und trotz zahlreicher Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung sind die Ziele von Natura 2000 in der Bevölkerung bis heute wenig bekannt. Vielmehr wird das Schutzgebietsnetzwerk nach wie vor als Belastung denn als Bereicherung empfunden.

In den letzten Jahren haben die Europaschutzgebiete und der Naturraum Verwall jedoch an Bekanntheit gewonnen, nicht zuletzt durch die Ortsprofilierungen der Gemeinden Gaschurn und Silbertal, die das touristische Potential der Europaschutzgebiete „entdeckt“ haben und sich seither um die Bewerbung der Gebiete bemühen. Mit der Zunahme der Besucherzahlen, insbesondere am Wiegensee in Partenen, ergibt sich die Notwendigkeit, Gäste und Besuchende über die Bedeutung der Gebiete verstärkt zu informieren und hinsichtlich der Lenkungsmaßnahmen (Wegegebote etc.) zu sensibilisieren. Die Räumlichkeiten des ehemaligen Tourismusbüros in Partenen bieten sich mit ihrer Nähe zur Vermuntbahn als Einstieg in das Verwallgebiet für einen Schauraum regelrecht an.

Ziele/Wirkung

Ziele:

  • Umsetzung eines Schau- und Begegnungsraums für naturräumliche Vielfalt (Biodiversität) und verantwortungsvollen Tourismus als Eintrittspunkt in das Verwallgebiet zur Bewusstseinsbildung von Einheimischen, Gästen und Serviceanbieter*innen mit besonderem Fokus auf Schulklassen und geführte Wanderungen in die Schutzgebiete.
  • Schaffung eines Alleinstellungsmerkmals in ganz Vorarlberg: erste Ausstellung zum Thema Natura 2000
  • Stärkung und Wiederbelebung des Ortskerns von Partenen durch sinnvolle multifunktionale Nutzung bestehender Räumlichkeiten (Nachnutzung Tourismusbüro Partenen) – Vermeidung von Leerstand im Ortszentrum
  • Räumliche und inhaltliche Zusammenarbeit verschiedenen Akteur*innen zur Nutzung und Betreuung der Ausstellung

Wirkung:

  • Schaffung von Impulsen für weiterführende Projekte und Wertschöpfung (Organisation von freiwilligen Arbeitseinsätzen auf Alpen/Maisäßen, Erweiterung des Betätigungsfelds für Wander- und Naturführer*innen, Tourismusangestellte, …)
  • Steigerung des Wissens über und der Akzeptanz für die Europaschutzgebiete in der Region und das Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerk

Inhalte

In einem leer stehenden Gebäude der Gemeinde Partenen im Dorfzentrum soll durch die Zusammenarbeit von Gemeinde, Regionsmanagement Europaschutzgebiete Montafon-Klostertal, Inatura, Heimatmuseum und Tourismus Montafon ein attraktiver, naturkundlicher Schauraum entstehen. Das ehemalige Tourismusbüro befindet sich in Gehnähe zu einem der wichtigsten Zubringer in die stark frequentierten Europaschutzgebiete „Wiegensee“ und „Verwall“ - die Bergbahnen Tafamunt mit 20.000 Fahrgästen in der Saison. Dank der Silvretta-Hochalpenstraße, der Verbindung zur Heilbronner Hütte im Verwall (Mountainbiker*innen, Wanderer*innen), der angrenzenden Ausstellung „energie.raum“ der Illwerke und des Kopswerks sowie dem Wiegensee als schönster Platz Österreichs 2021 erfreut sich der Ort Partenen einer steten und steigenden Besucherfrequenz.

Für den Schauraum wird im ersten Schritt ein Betriebskonzept sowie die Detailkonzeption (baulich & gestalterisch) auf Basis eines bestehenden Grobkonzepts ausgearbeitet und im zweiten Schritt als Ausstellung im neuen Schauraum umgesetzt. Der Schauraum wird ganzjährig und kostenfrei für Winter- und Sommergäste, Schulklassen sowie die einheimische Bevölkerung zugänglich sein. Betreiberin des Schauraums ist die Gemeinde, die auch für den laufenden Betrieb aufkommen wird. Der Schauraum ist selbsterklärend und benötigt dadurch kein eigenes Personal. Anlassbezogene Veranstaltungen, Vorträge und Führungen in den Räumlichkeiten werden durch die Gemeinde und Kooperationspartner*innen organisiert. Exkursionen und Führungen mit Tourist*innen und Schulklassen in die Europaschutzgebiete sollen im Schauraum ihren Start- oder Endpunkt haben und von ausgebildeten Natur- und Wanderführer*innen durchgeführt werden. Eine gemeinsame Bewerbung des Schauraums mit den angrenzenden Bergbahnen (Tafamunt, Vermunt) und Tourismusbetrieben (Bielerhöhe, Tourismusbüros im Montafon) ist vorgesehen.

Resultate

  • Mit der Fertigstellung des Schauraums zum Naturraum und die Europaschutzgebiete im Verwall verfügt die Ortschaft Partenen über ein attraktives Schutzgebiets-Besucherzentrum für interessierte Einheimische und Gäste mit einem klaren Alleinstellungsmerkmal in der Region: einzige naturkundliche Ausstellung mit dem Themenschwerpunkt Natura 2000. Der Schauraum ist mit seinen Inhalten und Zielen eine nachhaltige Ergänzung zu den klassischen Tourismusangeboten in der Region.
  • Wissen zum Naturraum, den Zusammenhängen in der Natur, zum kulturellen Erbe und der Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen wird auf anschauliche Art und Weise vermittelt. Dadurch werden der Schutz und Erhalt einer intakten Natur- und Kulturlandschaft sowie alternative Tourismusangebote (nachhaltige Tourismusstrategien) mittel- bis langfristig gefördert.
  • Besucherlenkungsmaßnahmen und -bestimmungen werden für den Freizeitsuchenden durch Aufzeigen von Zusammenhängen in der Natur nachvollziehbar und somit eher eingehalten.
  • Der Schauraum dient als Ausgangs- und Endpunkt für Exkursionen in das Gebiet, ermöglicht aber auch all jenen einen Einblick in den Naturraum des Verwall, die keinen direkten Zugang zu diesem haben (Barrierefreiheit im Sinne der Informationsbeschaffung).
  • Leerstand wird durch die sinnvolle Nachnutzung bestehender Räumlichkeiten vermieden, der Ortskern wird durch ein weiteres Angebot wiederbelebt bzw. gestärkt.
  • Der Schauraum ermöglicht eine multifunktionale Nutzung für Veranstaltungen und Vorträge und ist Impulsgeber für nachfolgende Projekte und Initiativen in den Schutzgebieten und der Region (wie freiwillige Arbeitseinsätze in den Schutzgebieten).
  • Kooperationen zwischen den Gemeinden, dem Regionalmanagement, den Bergbahnen und dem Tourismus werden gestärkt.
  • Angrenzende touristische Einrichtungen (Tourismusbüros, Bergbahnen, etc.) bewerben den Schauraum und profitieren vom zusätzlichen Angebot in der Ortschaft und der Region.

Bezug zum Programm

  • Das Projekt fällt in der LES2020 in die Maßnahme 2NH03 „Lokales Natur- und Kulturgut zur Erhaltung erlebbar gestalten“. Im Aktionsfeld 2 wird die Wissensvermittlung um Nutzungskonflikte in der Natur- und Kulturlandschaft in Zusammenhang mit den Europaschutzgebieten explizit angeführt. Ebenso werden mit dem Projekt die Maßnahmen NH01 „Gezielte Auseinandersetzung mit den Ökosystemleistungen“, NH02 „Wissen zu Chancen und Risiken des Klimawandels vermitteln“ sowie NH04 „Alte Bausubstanz in Dorfzentren kreativ nutzen“ tangiert.
  • Zuordnung zu den Zielen der Europäischen Kohäsionspolitik 2014-2020: Ziel 5: Anpassung an den Klimawandel, Risikoprävention und -management; Ziel 6: Umweltschutz und effiziente Nutzung von Ressourcen; Ziel 10: Investitionen in Aus- und Fortbildung und lebenslanges Lernen
  • Daneben Übereinstimmung mit ausgewählten Zielen der Vorarlberger Tourismusstrategie 2020 (insbesondere Ziele 4 und 5), der Vlbg. Klimawandelanpassungsstrategie 2018 (Ökosysteme und Biodiversität), der Wald- und Forststrategie (EU, Bund, Vorarlberg) sowie der EU-Biodiversitätsstrategie.

Weitere Informationen

Das vorliegende Projekt geht auf die Initiative der Gemeinde Gaschurn zurück, die als Projektträgerin und Betreiberin der Ausstellung fungieren wird. Die inhaltliche Begleitung des Projekts erfolgt durch die bereits genannten Projektpartner*innen, deren Funktion im Folgenden kurz erläutert wird.
Der Naturschutzverein Verwall-Klostertaler Bergwälder mit Sitz in Schruns ist seit 2013 unter Leitung der Abteilung Umwelt- und Klimaschutz des Amtes der Vorarlberger Landesregierung verantwortlich für das Regionsmanagement der Europaschutzgebiete im Montafon und Klostertal. Das Projekt ist mit der Abteilung des Landes abgestimmt. Kernaufgaben des Vereins sind das allgemeine Schutzgebietsmanagement (zentrale Kontaktstelle bzgl. Angelegenheiten zu Natura 2000 in der Region), Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensräume in den Schutzgebieten, Monitoring, Besucher*innenlenkung, Information, Kommunikation und Bildung. Zu den stimmberechtigten Mitgliedern des Vereins zählen unter anderem alle Gemeinden im Montafon und Klostertal, die Anteil an einem Europaschutzgebiet haben (Gaschurn, St. Gallenkirch, Silbertal, Bartholomäberg, St. Anton im Montafon, Klösterle, Dalaas, Innerbraz, Bludenz) sowie die Regionalplanungsgemeinschaften REGIO Klostertal und Stand Montafon. Der Naturschutzverein Verwall-Klostertaler Bergwälder wird sich vordergründig im Rahmen der Ausarbeitung der Ausstellungsinhalte (AP2) in das Projekt einbringen. Außerdem werden vom Verein nach Abschluss des Projekts Vorträge, Veranstaltungen, Kinder- und Schulprogramme und Exkursionen rund um den Schauraum organisiert. Dadurch wird sowohl eine kontinuierliche Belebung und Nutzung der Ausstellungsräumlichkeiten sichergestellt als auch eine darauf aufbauende Erweiterung des Bildungs- und Informationsangebots (Schulungen, Vorträge, Exkursionen) in der Region ermöglicht.
Ein zweiter, starker Partner des Projekts ist der Heimatschutzverein Montafon, der bereits für die Betreuung von vier Montafoner Museen verantwortlich zeichnet und somit entsprechende Erfahrung in der Umsetzung von Museumskonzepten in das Projekt einbringt. Darüber hinaus beteiligt sich der Verein an der inhaltlichen Umsetzung der kulturhistorisch relevanten Themen in der Ausstellung und wird nach Abschluss des Projekts ebenso themenbezogene Veranstaltungen im Schauraum organisieren.
Des Weiteren wird eine Kooperation mit der inatura Erlebnis Naturschau in Dornbirn angestrebt. Erste Zusagen zu einer inhaltlichen Begleitung des Projekts bestehen bereits, Ausmaß und Details der Kooperation werden im Rahmen der Ausschreibung der Projektleitung festgelegt. Durch die Einbindung der inatura Erlebnis Naturschau in das Projekt könnte auf eine außergewöhnliche Erfahrung in der naturkundlich-pädagogischen Vermittlung, auf bestehende Kooperationen mit anderen Institutionen sowie Exponate aus der Sammlung der inatura für das Ausstellungsprojekt zurückgegriffen werden.
Die Einbringung relevanter Inhalte für den Schauraum verspricht sich der Projektwerber auch von der Bevölkerung, die in die Ausgestaltung der Schauraum-Bereiche „Beziehungs- und Konfliktgeschichte Mensch und Natur“ sowie „Sensibler Umgang mit einem sensiblen Naturraum“ eingebunden werden soll. Mögliche weitere Partner*innen wären hierzu die Jägerschaft, der Forstfonds Stand Montafon, die Silbertaler Waldschule, Bergführer*innen, Älpler*innen, Landwirt*innen etc.
Montafon Tourismus, Illwerke Tourismus (Betreiber der Tafamuntbahn) und die Alpenvereine (ÖAV sowie DAV Sektion Heilbronn) werden in das Projekt frühzeitig eingebunden. Der Schauraum soll über die Bergbahnen, Alpenvereinshütten und Tourismusbetriebe bereits vor Abschluss des Projekts beworben und in das touristische Programm aufgenommen werden.

Literaturhinweise

  • Informationen zu den Europaschutzgebieten im Montafon: www.naturvielfalt.at/verwall
  • Rath&Winkler 2020: Ausstellungs-Grobkonzept: Europaschutzgebiete, Natur- und Kulturlandschaft des Verwall-Gebirges im Montafon