Trachtennäherei

Reaktivierung von Gebäudeleerstand zur Erweiterung der Juppenwerkstatt Riefensberg um eine Trachtennäherei als Schaubetrieb. Schaffung von Rahmenbedingungen für Jungunternehmer/innen.

Projektdauer: 24.01.2017 - 30.09.2019

Projektträger

Gemeinde Riefensberg

Dorf 157

6943 Riefensberg

Kurzbeschreibung

Im Jahr 2011 erwarb die Gemeinde Riefensberg das Haus Dorf 191. Nach Jahren des Leerstands stellte die Kommune das Erdgeschoss des Objekts dem Verein Juppenwerkstatt Riefensberg zur Verfügung. Ein Projektteam des Vereins erarbeitete in enger Kooperation mit der Gemeinde ein Bedarfs- und Nutzungsprofil, das schlussendlich mit Unterstützung von LEADER umgesetzt wurde.

Durch die Umsetzung der neuen Räumlichkeiten hat sich die Möglichkeit ergeben, den Maschinenpark der Juppenwerkstatt zu erweitern und hinsichtlich der Anlagen- und Arbeitssicherheit verantwortungsvoll und effizient zu gestalten, ein Depot einzurichten sowie das Programm der Juppenwerkstatt Riefensberg durch die Kooperation mit einer ganzjährig tätigen Jungunternehmer*in vor Ort zu erweitern.

Das zukünftige Unternehmen sollte auf die Fertigung hochwertig produzierter Vereinsbekleidung ausgerichtet sein und dem Verein als Schauwerkstatt für Kleingruppenführungen zur Verfügung stehen, um textile Handwerkskunst auf hohem Niveau vermitteln zu können. Durch den Raumgewinn wurde darüber hinaus die Voraussetzung geschaffen, die Kund*innenbetreuung sowie das Kursprogramm des Vereins auszubauen.

Die Planung des Umbaus erfolgte durch DI Gerhard Gruber (Bregenz) in Kooperation mit der Gemeinde sowie dem Projektteam des Vereins. Ausgeführt wurde der Umbau von heimischen Handwerksbetrieben unter Verwendung regional verfügbarer Baumaterialien. Das Ergebnis ist ein lichtdurchfluteter Raum, dessen Wände mit Holz verkleidet sind, um eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Das Depot wurde raumsparend gestaltet und mit fahrbaren Regalen ausgestattet.

Ausgangslage

Geschichte – Verein: Die Juppenwerkstatt Riefensberg wurde 2003 eröffnet. Träger ist der 2002 gegründete Verein Juppenwerkstatt Riefensberg. Er ist unpolitisch, gemeinnützig und nicht gewinnorientiert. Dessen Ziel ist die Erhaltung und Pflege der Trachten in Vorarlberg, insbesondere der historischen Frauentrachten des Bregenzerwaldes.
Werkstatt - Schau- & Kooperationsbetrieb: Die Juppenstofferzeugung ist ein Jahrhunderte altes Handwerk, das nur noch in der Juppenwerkstatt Riefensberg gepflegt wird. Der Verein Juppenwerkstatt Riefensberg sorgt dafür, dass ein einzigartiges Kulturgut dem Bregenzerwald - respektive dem Alpenraum - erhalten bleibt. Die bestehende Juppenwerkstatt wird als Schaubetrieb geführt. Um die hohe Qualität der Bregenzerwälder Frauentracht zu gewährleisten, wird in einem Netzwerk mit den Kunsthandwerkerinnen (Näherinnen der Juppe) des Bregenzerwaldes gearbeitet.
Verkauf - Beratungs- & Vermittlungsstelle: Als Erzeuger und Direktverkäufer von Juppenstoffen steht das Haus in engem Kontakt mit seinen Kundinnen und begleitet diese auf ihrem Weg zu einer eigenen Tracht. Die Juppenwerkstatt ist darüber hinaus Kontaktstelle, wenn es um die Beurteilung, Schätzung oder Vermittlung bereits gebrauchter Trachten oder -accessoires geht. Dies kommt vor allem einkommensschwachen Frauen sowie Mädchen zugute.
Kursort: Unter dem Motto „Handwerk wertschätzen und fördern“ bietet die Juppenwerkstatt in Zusammenarbeit mit Näherinnen, Stickerinnen oder Knüpferinnen der Region Kurse zur Trachtenherstellung oder zum Erlernen textiler Handwerkstechniken an, die u.a. für den Fortbestand der Bregenzerwälder Frauentracht benötigt werden.
Museum - Sammlung – Forschung: Das Haus verfügt über eine eigene Trachtensammlung, die für die Forschung zugänglich ist, und führt darüber hinaus einen Ausstellungsbetrieb.

Die Juppenwerkstatt ist aufgrund der baulichen Voraussetzungen (Stadel ohne Heizsystem) von 1. Mai bis 31. Oktober für BesucherInnen geöffnet. Um einen ganzjährigen für die Werkstatt und das Kursprogramm zu ermöglichen werden beheizbare und aufgrund neuer Maschinen größere Räumlichkeiten notwendig.
Im Jahr 2011 erwarb die Gemeinde Riefensberg das leer stehende Haus Dorf 191 eines früheren Fuhrunternehmers und stellte dem Verein Juppenwerkstatt Riefensberg eine Verwendung für die Aufstellung der in Entwicklung befindenden Gläst- und Fältelmaschine (Kooperation: HTL Bregenz) in Aussicht.

Ziele/Wirkung

Ziele:

  • Aktivierung des Objektes im Dorfzentrum zur Nutzung als Schaubetrieb für die Juppenwerkstatt und die Trachtennäherei
  • Ausbau der dörflichen Infrastruktur zur Stärkung einer nachhaltigen Entwicklung der Region und insbesondere der Gemeinde Riefensberg
  • Aufbau einer Trachtennäherei als ganzjahres Schaubetrieb zur Pflege der Vereins- und Bekleidungskultur mit lokaler und regionaler Einbindung sowie überregional agierender Netzwerke
  • Gewinnung Jungunternehmer/innen (Damen- und/oder Herrenschneider/innen) für die trachtennäherei.at

Wirkung:

  • Sicherung der Stofferzeugung für die traditionelle Glanzleinenjuppe als eine der ältesten, wertvollsten und elegantesten Trachten des Alpenraums und als Teil der Bregenzerwälder Identität
  • Möglichkeit zur Erweiterung des Produktprogramms um Trachten für Vereine und Private sowie u.a. die Sicherung des Fortbestands der traditionellen Walser Juppe
  • Attraktivitätssteigerung der Gemeinde Riefensberg mit der Juppenwerkstatt und zukünftig trachtennäherei.at; Für Gäste bietet der Einblick in eine Trachtennäherei ein Mehr an Erleben und Erkenntnis in Bezug auf Handwerk, Bekleidungskultur und Nachhaltigkeit.
  • Frei werdender Raum in der Juppenwerkstatt bietet Platz für ein Schaudepot als Bereicherung der musealen Vermittlung und die Voraussetzung für den weiteren Aufbau einer eigenen Trachtensammlung schafft, um wertvolles Kulturgut der Nachwelt zu erhalten.

Inhalte

Die Gemeinde Riefensberg erarbeitet gemeinsam mit dem Verein Juppenwerkstatt Riefensberg und dem beauftragten Architekt basierend auf der ersten Grobplanung das detaillierte Raumkonzept für die trachtennäherei.at samt Erschließungskonzept für die Obergeschosse und deren Entwicklungspotential für zukünftig aufkommenden Bedarf.

Nach der Planungsphase wird das Erdgeschoss adaptiert, die Fassade saniert und der Außenbereich aufgewertet und Verbindung zur benachbarten Juppenwerkstatt gebracht. Durch die Schaffung der Räumlichkeiten für die trachtennäherei.at ergibt sich zukünftig die Möglichkeit, die historische Fältelmaschine (1870er Jahre) sowie die Glästmaschine (1909) in der Juppenwerkstatt als Zeugnis der frühen Mechanisierung des Produktionsprozesses zu belassen und den Arbeitsraum im OG der Juppenwerkstatt außerhalb des Leader-Projektes zu einem Schaudepot umzugestalten. Das gestalterische Prinzip der Juppenwerkstatt kann beibehalten und die Zielgruppe „Architekturtourismus“ weiterhin bedient werden. (Minimalinvasiver Umbau: Beibehaltung des Stadelcharakters)

In den neuen Räumlichkeiten für die trachtennäherei.at kann der Werkstattbetrieb effizienter sowie hinsichtlich der Anlagen- und Arbeitssicherheit verantwortungsvoll gestaltet werden sowie das Produktprogramm der Juppenwerkstatt erweitert werden. Die Räumlichkeiten schaffen die Voraussetzung für die Ansiedlung eines ganzjährig tätigen Unternehmens „trachtennäherei.at“, das von einem/r Jungunternehmer/in als Schaubetrieb geführt werden kann, der/die in enger Kooperation mit dem Verein Juppenwerkstatt Riefensberg arbeitet.

Parallel zur Entwicklung und Adaptierung der Räumlichkeiten erarbeitet die Gemeinde mit dem Verein Juppenwerkstatt ein Nutzungs- und Geschäftsmodell für die trachtennäherei.at und sucht aktiv nach Jungunternehmer/innen als neue Mieter für die Räumlichkeiten. Die angebotene Kooperation und Ausbildung zum/r Trachtennäher/in sollen hier Anreiz sein

Resultate

Ergebnis:

  • Aktivierung des Objekts im Dorfzentrum zur Nutzung als Schaubetrieb für den Verein Juppenwerkstatt Riefensberg in gemeinsamer Nutzung mit einem/einer selbständigen Unternehmer*in
  • Ganzjahresbetrieb des Vereins zur Pflege der Vereins- und Bekleidungskultur mit überregionaler Einbindung
  • Räumlichkeiten für eine Niederlassung eines/einer Jungunternehmer*in (Damen- und/oder Herrenschneider*in mit Schwerpunkt Trachtennäherei)
  • Richtlinien konformes Depot für die Sammlung der Juppenwerkstatt Riefensberg
  • Raumgewinn für die Erweiterung des Kursangebots und der Kund*innenbetreuung der Juppenwerkstatt Riefensberg
  • Raumgewinn für die Aufstellung der Fältelmaschine
  • Ausbau der dörflichen Infrastruktur zur Stärkung einer nachhaltigen Entwicklung der Region und insbesondere der Gemeinde Riefensberg

 

Wirkung:

  • Programmerweiterung der Juppenwerkstatt Riefensberg durch die Kooperation mit der/dem zukünftigen Unternehmer*in. Gäste erhalten dadurch ein Mehr an Erleben und Erkenntnis in Bezug auf Architektur, Handwerk, Bekleidungskultur und Nachhaltigkeit
  • Attraktivitätssteigerung der Gemeinde Riefensberg durch Betriebsgründung und Schaffung von Arbeitsplätzen
  • Pflege der Vorarlberger Trachtenkultur auf hohem handwerklichen und materialsprachlichem Niveau
  • Konservatorisch sachgemäße Sicherung der Sammlung der Juppenwerkstatt Riefensberg
  • Sicherung der Stofferzeugung für die Herstellung der Bregenzerwälder Juppe, eine der ältesten und wertvollsten Trachten des Alpenraums
  • Möglichkeit zur Erweiterung des Produkt-/Kursprogramms der Juppenwerkstatt Riefensberg
  • Frei werdender Raum in der Juppenwerkstatt Riefensberg schafft Platz für bessere Durchführung des bestehenden Vermittlungsangebots

Bezug zum Programm

2NH04 Alte Bausubstanz in Dorfzentren kreativ nutzen

Weitere Informationen

5.10.2020: Newsbericht zum Projektabschluss

Von 1998 bis 2015 wurden in Riefensberg eine Reihe von Projekten umgesetzt, die neben der bereits bestehenden Infrastruktur (1 Nahversorger, 7 Gasthäuser (u.a. Genossenschaftsprojekt „Bartle"), 1 Sennerei, 1 Bank, 1 Friseur u.a.) zur Zukunftsfähigkeit und Lebensqualität der Kommune beitragen.

  • Golfplatz Riefensberg-Sulzberg (Kurt Roßknecht), 18 Lochanlage
  • Juppenwerkstatt Riefensberg (Arch. DI Gerhard Gruber)
  • Erneuerung der  Wasserversorgung und Abwasseranlage
  • Heizwerk für die Versorgung des Ortskerns (erneuerbare Energie; Heizmaterial aus der Gemeinde)
  • Spielhus (Arch. DI Walter Felder) Kleiner Kultursaal, Sitzungsraum, Kindergarten, Musik- und Chorprobenraum
  • Friedhofsneugestaltung (Arch. DI Walter Felder), Erneuerung des Friedhofs, der Friedhofsmauer und Kriegerdenkmals
  • Dorfhus (Arch. DI Walter Felder), 8 Wohneinheiten; Räumlichkeiten für Krankenpflegeverein und Bankstelle, 16 Tiefgaragenplätze
  • Dorfplatz (Arch. DI Walter Felder), Nutzung als Marktplatz, Kommunikationsraum, Parkplatz
  • Kirchenrenovierung
  • Genossenschaftsgasthaus „Bartle“

Literaturhinweise

  • Curti, Notker, Die Frauentracht im Bregenzerwald. In: Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 1929. S. 59–80.
  • Curti, Notker, Die Männertracht im Bregenzerwald. In: Heimat 12 (1931). S. 209–222.
  • Längle, Elisabeth, Tracht in Vorarlberg. In: Tracht in Österreich - Geschichte und Gegenwart, Franz Lipp u.a. (Hrsg.). Wien 1984
  • Martina Mätzler, Maria Rose Steurer- Lang, d ́Jûppô, Heimatpflegeverein Bregenzerwald, Juppenwerkstatt Riefensberg (Hrsg.). o.O. 2013 Mit der Veröffentlichung der Publikation „d ́Jûppô“ in Kooperation mit dem Heimatpflegeverein Bregenzerwald wurde 2013 ein erster Schritt zur Dokumentation des „Ist-Zustandes“ der Bregenzerwälder Frauentracht gemacht. Sie bildet den Auftakt für eine umfassende Publikation über die Juppe, die in Kooperation mit dem Trachten-Informationszentrum (TIZ) in Benediktbeuern (D) entstehen wird.
  • Rachbauer, Paul, Baukultur und Tracht. In: Egg im Bregenzerwald. Egg 2008, S. 375–399.
  • Rachbauer, Paul, Tracht ist das, was getragen wird. In: Die Trachten in Vorarlberg - überlieferte und erneuerte, beschrieben und bildlich dargestellt (Vorarlberger Trachtenmappe). o.O. o.J.
  • Tschofen, Bernhard, „Trotz aller Ungunst der Zeit“. Anmerkungen zu einer zweiten Geschichte der Tracht in Vorarlberg. In: Kleider und Leute. Vorarlberger Landesausstellung 1991, Amt der Vorarlberger Landesregierung (Hrsg.). Bregenz 1991